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Das Verfassungsreferendum in Guinea: Herausforderungen und Unsicherheiten

Am 21. September 2025 sind die Guineer aufgerufen, für oder gegen eine neue Verfassung zu stimmen. Das Referendum ist eine Folge des Staatsstreichs vom 5. September 2021, als General Mamadi Doumbouya Alpha Condé stürzte.

Die Übergangsbehörden präsentieren diesen Entwurf als Grundlage für die "Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung", die die Übergangszeit beenden und eine neue politische Ära einleiten soll. Demgegenüber äußern die Opposition und ein Teil der Zivilgesellschaft jedoch ernsthafte Zweifel: garantierte oder nicht garantierte öffentliche Freiheiten, Dauer der Amtszeit des Präsidenten, Möglichkeit für Doumbouya, trotz seiner ursprünglichen Zusagen zu kandidieren, tatsächliche Fairness der Wahlen.

Eine von Demagogie geprägte Kampagne

In dieser Kampagne wiegen rationale Argumente angesichts der Appelle an die Emotionen wenig. Das "Ja"-Lager beruft sich regelmäßig auf die Erinnerung an 1958, als Guinea den Vorschlag von De Gaulle ablehnte und sich für die Unabhängigkeit entschied. Die Parallelen sind stark: Heute mit "Ja" zu stimmen, würde ihrer Meinung nach bedeuten, die Seite der Instabilität endgültig zu schließen und die nationale Einheit aufzubauen.

Das "Nein"-Lager antwortet mit einer anderen Lesart: Eine Verfassung zu akzeptieren, die unter dem General verfasst wurde, erinnert eben an die Geschichte von 1958. Vor Ort nimmt die Mobilisierung festliche Züge an: Konzerte, Tänze, Fahnen, einfache Slogans, die endlos wiederholt werden. In Conakry, Kouroussa oder Sanguiana überdeckt die festliche Stimmung oft das Fehlen einer eingehenden Debatte.

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Extrem vereinfachte Herausforderungen

Der Verfassungstext ist komplex, aber die offizielle Kampagne reduziert ihn auf einige wenige Slogans: "Stabilität", "Neugründung", "Zukunft". Verführerische, aber vage Worte. Nur wenige Bürger haben wirklich Zugang zu den Details über die Mandate, die Befugnisse des Präsidenten oder die Unabhängigkeit der Institutionen. Die Opposition, die bereits durch die Suspendierung ihrer wichtigsten Parteien geschwächt ist, beklagt einen abgeschotteten Wahlkampf und einen eingeschränkten Zugang zu den Medien.

In manchen Orten ist die Stimmabgabe mit "Ja" mit Versprechungen über Straßen, Arbeitsplätze oder Infrastruktur verbunden. Selbst wenn sie nicht explizit formuliert werden, liegen diese Erwartungen in der Luft. Die Pro-Ja-Versammlungen betonen die Idee, dass das Land wieder "auf Kurs" gebracht werden soll, und die Organisation der Feierlichkeiten bezieht lokale Behörden und Minister direkt mit ein, was das Bild eines fast obligatorischen Konsenses verstärkt.

Die Kampagne beschränkt sich nicht auf Slogans. Sie beruht auch auf Praktiken, die in Westafrika wohlbekannt sind: Klientelismus, gezielte Mobilisierung, Pro-Doumbouya-Bewegungen, fahren durch die Distrikte und Unterpräfekturen, um sicherzustellen, dass die Wähler ihre Karten abholen und sich beteiligen. Ihre Präsenz deutet an, dass es konkrete Vorteile bringen könnte, auf der "richtigen Seite" zu wählen.

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Opposition mundtot gemacht

Da die großen politischen Parteien (UFDG, RPG usw.) suspendiert sind, ist die Stimme des "Nein" kaum zu hören. Kritische Medien werden eingeschränkt, was die Hegemonie des Lagers, das das Referendum befürwortet, weiter stärkt.

Entwicklungsprojekte versprechen, den Erhalt von Wählerkarten erleichtern oder Doumbouyas zukünftige Kandidatur in Aussicht stellen: All dies nährt ein System, in dem politische Unterstützung mit materiellen oder symbolischen Vorteilen belohnt werden kann.

Demagogie und Klientelismus greifen ineinander. Volksversammlungen, die als Bürgerfeiern inszeniert werden, vermitteln den Eindruck von Einheit und nationalem Elan. Hinter diesen Bildern verstärken lokale Versprechungen und eine ungleiche Verteilung der Ressourcen die Dynamik für ein "Ja".In diesem Kontext wird ein "Ja" zu einem Synonym für Patriotismus und Fortschritt, während ein "Nein" oder ein Boykott als ein Akt gegen die Nation angesehen wird.

Die Risiken einer umstrittenen Abstimmung

Trotz der gezeigten Euphorie bestehen mehrere Risiken für die Abstimmung: Eine geringe Wahlbeteiligung, wenn die Wähler den Prozess als verzerrt empfinden. Das Risiko einer sozialen Spaltung, wenn das "Ja" in einem Klima der Proteste gewinnt. Ein Problem der internationalen Legitimität, wenn Partner wie die ECOWAS oder NGOs Verletzungen der Freiheitsrechte anprangern. Ein maßgeschneidertes Referendum? Viele Beobachter sehen in der neuen Verfassung einen Text, der Mamadi Doumbouya "auf den Leib geschneidert" wurde. Ursprünglich verbot die Übergangscharta den Mitgliedern der Junta, bei den Wahlen zu kandidieren. Der neue Text scheint jedoch eine Lücke zu öffnen, die es dem Übergangschef erlaubt, für das Amt des Präsidenten zu kandidieren.

Der Entwurf sieht außerdem eine siebenjährige Amtszeit des Präsidenten vor, die einmal verlängert werden kann, sowie eine deutliche Stärkung der Befugnisse des Staatschefs. Diese Bestimmungen beunruhigen diejenigen, die ein Abgleiten in ein autoritäres Regime befürchten.

Zwischen Versprechen und Misstrauen

Das Referendum am 21. September 2025 ist ein entscheidender Moment für Guinea. Wenn es erfolgreich ist, kann es eine Rückkehr zur Stabilität markieren und den Weg für einen neuen Gesellschaftsvertrag ebnen. Wenn jedoch Praktiken der Demagogie und des Klientelismus vorherrschen, droht die Abstimmung unglaubwürdig zu werden und das Misstrauen zwischen Regierenden und Regierten zu verschärfen.

Ob es sich nun um einen "historischen Wendepunkt" oder einen "politischen Coup" handelt, dieses Referendum wird die demokratische Zukunft Guineas weitgehend bestimmen.

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